Donnerstag, 20. März 2014

Offener Brief an die Stadt Innsbruck zum Thema Bettelverbot

Offener Brief der Piraten Partei Tirol zur Diskussion zum Bettelverbot.


Ergeht an die
Fraktionen des Innsbrucker Gemeinderates
Medien
Sozialvereine

Sehr geehrte Bürgermeisterin, Mitglieder des Stadtsenates und Mitglieder des Gemeinderates!

Wir begrüßen grundsätzlich Initiativen, die zur Lösung des Bettlerproblems beitragen.
Auch wir möchten unseren Beitrag dazu leisten und Denkfehler richtigstellen, die der positiven Intention entgegenstehen.
Wir streiten nicht ab, dass es ein Bettlerproblem gibt. Das Problem haben jedoch nicht die Stadt und ihre Vertreter, auch nicht die BürgerInnen der Stadt, sondern die Bettler.

Betteln stellt zweifelsfrei eine entwürdigende Tätigkeit dar, die niemand, der eine bessere Alternative hat freiwillig aufnimmt. Die Zunahme der Bettler ist auch keine Modeerscheinung sondern Ausdruck steigender Armut.
Die Idee, diesen Menschen auch noch die letzte Möglichkeit zur Beschaffung ihrer Lebensgrundlagen zu verbieten ist nicht nur vollkommen unsinnig, sondern auch nicht mit den Menschenrechten in Einklang zu bringen. Dies wurde auch bereits vom Verfassungsgerichtshof festgestellt. (VFGh am 10.12.2013 Absolutes Bettelverbot ist rechtswidrig und gegen die Verfassung und die Menschenrechtskonvention).

Besonders verwunderlich ist es, dass solche Ideen gerade bei jenen politischen Kräften aufkommen, die sonst bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit die Nächstenliebe der christlich abendländischen Tradition beschwören. Der Heilige Martin, als römischer Legionär und praktizierender Christ, hat schließlich auch nicht das Schwert gezogen um den Bettler vom Platz zu treiben, sondern aus gutem Grund, damit den eigenen Mantel mit ihm geteilt.

Da Betteln nicht nur in Innsbruck, sondern in ganz Österreich und Europa thematisiert wird, sollten sich auch alle Gruppierungen, die zur Wahl für das Europäische Parlament kandidieren, für eine rasche Umsetzung der Europäischen Sozialcharta einsetzen.

Für die Piraten Partei Tirol
Harald Bauer, Irene Labner, Wolfgang Samsinger


Bildquelle: wikicommons

1 Kommentar:

  1. Klar gehen BettlerInnen entsetzlich auf die Nerven, mir auch. Aber man sollte nicht vergessen, dass die Leute nicht selten gruppenweise 100e Kilometer weit (sich) fahren (lassen) -- und dafür zahlen: da kommen dann Meldungen wie "Bettler mit Mercedes gesichtet" -- UND MIT IHREM BETTELN ABER EIN GANZES DORF ERHALTEN. (in vielen Gegenden, auch der heutigen EU, gibt es kaum oder kein Sozialgeld, von Jobs gar nicht zu reden ...)

    Nachhaltige Lösung wäre natürlich besser, zb Mindestsicherung (OHNE Bedingungen) und seien es nur 500,- bis 800,- die aber ohne Erlaubnis einer "Sperre" (durch AMS, Sozialzentrum, Coaching o.ä.) gesichert sein müssten. Und die europaweit zumindest in 20er Portionen bei Bankomaten an jedem Ort behebbar sein müssten, um "Heimfahrkarten"Betrug auch gleich zu unterbinden.

    Die Situation heute, in der soziale Landesverteidigung (oder gar Europaverteidigung) einfach nicht mehr existiert, und in der Solidarität und Soziale Sicherheit (weil BIP-"feindlich") fast schon unterdrückt werden, ist jedenfalls grotesk und unerträglich.
    (das betrifft übrigens auch den sozialen Auftrag der Bahn, zb wenn Menschen ohne Fahrkarte aus dem Zug geworfen werden, statt später eine Zahlungsaufforderung zuzusenden: im Marchfeld kam es vor ca. 1-2 Jahren sogar zu einem Raubmord, dessen Täter nie in dem Dorf ausgestiegen wäre -- dass er sich das Fahrgeld per Einbruch besorgen wollte, soll hier nicht gutgeheissen werden, und dass er beim Ertapptwerden die Leute umbrachte, genausowenig -- wenn nicht der Schaffner ihn mangels Fahrkarte auf dem Heimweg nach Bratislava (!) aus dem Zug geworfen hätte)

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