Freitag, 3. Juni 2016

10 Jahre Piraten - eine politische Reise um den gesamten Globus

Im Januar 2006 gründete Rick Falkvinge aus Protest gegen die Kriminalisierung des Internetfilesharings die erste Piratenpartei in Schweden. Bereits ein halbes Jahr später formierte sich eine zweite Piratenpartei in Österreich, wiederum zwei Monate später entstand die Piratenpartei Deutschlands.

Unter dem Dach der ebenfalls 2006 gegründeten Piraten Parteien International (PPI) versammelten sich im Laufe der folgenden Jahre immer mehr Piratenparteien, die rund um den Globus an einer gemeinsamen Zielsetzung arbeiteten: Stärkung der Bürgerrechte, Umsetzung von mehr direkter Demokratie, Reform des Urheber- und Patentrechts, Forderung nach mehr Transparenz, sowie freier Zugang zu Information und Wissen. Derzeit hat die PPI Mitglieder aus etwa 41 Ländern. In wievielen Ländern es darüber hinaus aktive Piratengruppen gibt, die an ihrem offiziellen Parteistatut arbeiten, wurde bislang nicht genau erfasst. Allerdings dürften es derzeit insgesamt zwischen 65 und 70 Länder sein, in welchen Piraten sich offen oder manchmal auch im Untergrund politisch engagieren.

Aufgrund der großen Wahlerfolge der deutschen Piraten Ende 2011 und Anfang 2012 nahmen viele Menschen an, dass Piratenparteien ein primär europäisches, wenn nicht gar deutsches Phänomen seien, das allerdings nach erstem Abflauen der deutschen Wahlerfolge keine große Zukunft vor sich hätte.
Tatsächlich aber sind Piraten auf allen Kontinenten zuhause. Sie fanden zu ihrer Entwicklung nur nirgends so günstige, politische Bedingungen vor wie in Europa. Das ist auch der Grund dafür, dass es in fast jedem Land Europas Piratenparteien gibt, ja mitunter sogar mehrere regionale Parteien. Die Wahlerfolge der Piraten differierten bislang sehr stark. In der Vergangenheit konnten vor allem die deutschen und tschechischen Piraten sehr gute Wahlergebnisse bei überregionalen Wahlen einfahren. Für kommenden Herbst wird außerdem ein Erdrutschsieg der Piraten in Island, die in Umfragen gut 40% erreichen, erwartet.

Nach dem politischen Umsturz in Tunesien 2010/2011 wurde ein tunesischer Pirat und Blogger namens Slim Amamou zum Staatssekretär der Übergangsregierung ernannt. Dennoch konnte die Partei in Tunesien erst 2012 ihre offizelle Zulassung erhalten. Die tunesischen Piraten sind die erste Piratenpartei Afrikas. In Form einer African Pirate Party engagieren sich derzeit Aktive in Tunesien, Marokko, Nigeria, Algerien, im Kongo, sowie in Südafrika. Weitere Piraten von der Elfenbeinküste sind politisch im Rahmen des losen Zusammenschlusses französischsprachiger Piraten aktiv: Parti Pirat Francophone.

Im Nahen Osten stellt die israelische Piratenpartei derzeit die einzig offiziell registrierte Piratenpartei dar, dennoch gibt es auch aktive Gruppen im Libanon und in der Türkei.

In Asien ist die Situation für die Piratenparteien besonders schwierig. Offiziell registrierte Piratenparteien gibt es lediglich in Japan und auf den Philippinen. Die Piraten Kasachstans und Südkoreas konnten sich bisher nicht offiziell als Parteien registrieren. Dasselbe gilt für die Piraten in Malaysien, Taiwan, Nepal und Indien. Die indischen Piraten treten derzeit lediglich in Form von Regionalwahllisten in der politischen Landschaft auf wie z.B. gerade aktuell in Kerala. Besonders traurig ist die Situation der chinesischen Piraten, denn diese haben momentan nur die Möglichkeit in Form eines Socal Media Accounts aufzutreten. Aufgrund der politischen Lage in China ist es für sie unmöglich, offen in ihrem Land in Erscheinung zu treten.
Viele Piratenparteien in Asien haben dasselbe Schicksal wie die russischen Piraten: sie dürfen sich nicht offiziell registrieren, weil die staatliche Obrigkeit keine Akzeptanz für die Namensgebung "Piratenpartei" hat und diese in einen terroristischen bzw. kriminellen Zusammenhang stellt.

Noch weiter im Osten finden wir die Piraten Neuseelands, sowie die Pirate Party of Australia, die sehr aktiv ist und auch schon bei nationalen Wahlen angetreten ist.

In Süd- und Nordamerika wurden die Piraten verhältnismäßig spät aktiv. Die Piratenpartei Brasiliens arbeitet derzeit gerade aktiv an ihrem offiziellen Zulassungsstatus. Nicht offiziell registrierte Piratengruppen gibt es derzeit in Argentinien, Chile, Peru, Kolumbien, Mexiko, Uruguay und Venezuela.
Die US-Piraten sind derzeit in 8 Bundesstaaten offiziell als Partei registriert. In Kanada stellen die Piraten eine landesweit anerkannte politische Partei.

Während manche Medien die Piraten in Europa schon im Sterben begriffen sehen, entstehen überall auf der Welt neue Piratengruppen. Die Piraten sind eine globale Bewegung und keine klassischen, nationalen Protestparteien. Sie sind eine Reaktion auf die Digitalisierung und sie suchen politische Antworten für zukünftige, politische Anforderungen des Internetzeitalters. Totgesagte leben länger!

Autorin: Irene Labner